Studienserie zu Konfliktmanagement in der Wirtschaft

Studienserie zu Konfliktmanagement in der Wirtschaft

Forschungsprojekt in Kooperation mit PricewaterhouseCoopers (PwC)

Die Praxis des Konfliktmanagements in deutschen Unternehmen war Gegenstand einer auf zehn Jahre angelegten, auch international viel beachteten Studienserie, die von 2004 bis 2016 in Kooperation mit der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) und unter Mitwirkung von Studierenden des Master-Studiengangs Mediation und Konfliktmanagement durchgeführt wurde. Im Rahmen der 2011 veröffentlichten dritten Studie wurde insbesondere das „Viadrina-Komponentenmodell eines Konfliktmanagement-Systems“ vorgestellt, das nach wie vor als Referenzrahmen für die Etablierung bzw. Professionalisierung der Konfliktmanagement-Strukturen zahlreicher Unternehmen und Organisationen dient.

Die erste Studie „Commercial Dispute Resolution - Konfliktbearbeitungsverfahren im Vergleich“ (2005) stellt nach einer empirischen Auswertung der Aussagen von 158 deutschen Unternehmen zu Fragen der Nutzung von Gerichtsverfahren und verschiedener außergerichtlicher Verfahren, Vorstellungen und Präferenzen bezüglich dieser Verfahren eine deutliche Diskrepanz fest: deutsche Unternehmen folgen bei der Wahl des am besten geeigneten Konfliktbearbeitungsverfahrens für Konflikte zwischen Unternehmen (B2B) nicht ihren eigentlichen Präferenzen mit Blick auf die Vorteilhaftigkeit der jeweiligen Verfahren: während das Gerichtsverfahren abstrakt als wenig vorteilhaft eingeschätzt wird, wird es oft genutzt, bei alternativen Verfahren ist es umgekehrt.

Die zweite Studie „Praxis des Konfliktmanagements deutscher Unternehmen. Ergebnisse einer qualitativen Folgestudie zu `Commercial Dispute Resolution Konfliktbearbeitungsverfahren im Vergleich`“ (2007) geht dieser Diskrepanz im Wege einer qualitativen Nachbefragung nach und stellt fest, dass die Diskrepanz insbesondere auf das Fehlen einer systematischen Herangehensweise zurückzuführen ist: hilfreich für die Wirtschaft wäre ein Konfliktmanagement-System, das es ermöglicht, jeden Konflikt zu klassifizieren und auf der Basis dieser Einordnung einer sachgerechten Bearbeitung zuzuführen.

Die dritte Studie „Konfliktmanagement – Von den Elementen zum System“ (2011) entwirft als Konzept-Studie die Blaupause eines solchen Konfliktmanagement-Systems, indem sie vorhandene Elemente des Konfliktmanagements in deutschen Unternehmen (Betriebsräte, Verfahrensklauseln, Ombudsstellen etc.) zu funktionalen Komponenten bündelt (Konfliktanlaufstelle, Systematik der Maßnahmen- und Verfahrenswahl, Konfliktbearbeiter etc.) und beschreibt, unter welchen Bedingungen unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten von einem echten Konfliktmanagement-System die Rede sein kann – und wie die Etablierungswege dorthin aussehen.

Die vierte Studie „Konfliktmanagement als Instrument der werteorientierten Unternehmensführung“ (2013) ist wiederum als Konzept-Studie angelegt. Sie liefert Handlungsempfehlungen für die Etablierung eines Systems für Konfliktmanagement und untersucht, wie sich Konfliktmanagement im Führungs- und Risikomanagement-System des Unternehmens verankern lässt. Besonders Unternehmen, die bereits erste Komponenten eines Konfliktmanagement-Systems eingeführt haben und ihr System noch effektiver und nachhaltiger gestalten möchten, finden in der Studie viele Anregungen für Verbesserungen und Qualitätsmanagement.

Die abschließende fünfte Studie „Konfliktmanagement in der deutschen Wirtschaft – Entwicklungen eines Jahrzehnts“ (2016) greift den empirischen Ansatz der ersten Studie aus dem Jahr 2005 auf und untersucht die Entwicklungen, die sich nach einem Zeitraum von zehn Jahren messen lassen. Im Ergebnis lässt sich mit Blick auf die Nutzungszahlen alternativer Konfliktbeilegungsverfahren zwar keine Revolution, wohl aber eine spürbare Evolution feststellen, die bei den im Round Table Mediation und Konfliktmanagement der deutschen Wirtschaft (RTMKM) zusammengeschlossenen Unternehmen deutlicher ausfällt als in der Vergleichsgruppe derjenigen Unternehmen, die keinen klaren Fokus auf das Thema Konfliktmanagement gerichtet haben. Zudem lassen sich qualitative Veränderungen in der Entscheidungs-, Führungs- und Konfliktkultur von Unternehmen identifizieren, die sich mit der Frage guten Konfliktmanagements aktiv auseinandersetzen.

Unabhängig vom jeweiligen Etablierungsgrad der Konfliktmanagement-Maßnahmen hat es sich bei zahlreichen Präsentationen und Strategiesitzungen in Organisationen, die sich mit der Einführung oder Optimierung eines Konfliktmanagement-Programms oder eines Konfliktmanagement-Systems befassen, als wertvoll erwiesen, die Kerngrafiken der Studienserie einzusetzen. Zu diesem Zweck findet sich hier eine Präsentation mit den folgenden fünf Grafiken:

  1. Darstellung der Diskrepanz zwischen Wunsch und Handeln in der Konfliktbearbeitung (Studie I)
  2. Viadrina-Komponentenmodell eines KMS (Studie III/IV)
  3. Seesternmodell eines Gesamt-KMS (Studie IV)
  4. Conflict Spider: Konfliktsensibilitäts- und Interventionsprofil eines Unternehmens (Studie IV)
  5. Conflict/Risk Map (Studie IV)

 

Für sein Engagement im Bereich Konfliktmanagement wurde PwC mit dem Ehrenpreis der Fördergemeinschaft Mediation DACH e.V. ausgezeichnet. In der Laudatio im Rahmen der 12. Internationalen Mediationstage im Februar 2013 in Hamburg wurde insbesondere die Bedeutung der von PwC und IKM gemeinsam herausgegebenen Studienserie für die Etablierung von professionellem Konfliktmanagement in der Wirtschaft hervorgehoben und ausdrücklich die zentrale Rolle von Prof. Dr. Ulla Gläßer und Prof. Dr. Lars Kirchhoff als wissenschaftlich-konzeptionelle Leiter der Studienserie gewürdigt.

Prof. Dr. Lars Kirchhoff