Viadrina Mediation Hub im Auswärtigen Amt

Forschungs- und Transferprojekt zum deutschen Mediationsengagement

Forschungs- und Transferprojekt zum deutschen Mediationsengagement

Von 2018 bis 2024 betrieb das CPM den Viadrina Mediation Hub, ein Forschungs- und Transferprojekt, eingebettet in die Abteilung S Krisenprävention, Stabilisierung und Konfliktnachsorge des Auswärtigen Amts.

In einem agilen wissenschaftlichen Format brachte der Hub Mediationsexpert*innen aus der praktischen Außenpolitik und der angewandten Friedens- und Konfliktforschung zusammen. Entscheidungsträger*innen aus der politischen Praxis und Wissenschaftler*innen der Viadrina identifizierten gemeinsam die Stellhebel, die den Erfolg von Konfliktmediation im deutschen Friedensengagement bestimmen und entwickelten konkrete Verbesserungsvorschläge.

Ziel des Hubs war es, 1) die konzeptionellen und methodischen Voraussetzungen für effektive Mediation im deutschen Kriseninterventions- und Stabilisierungsportfolio zu identifizieren, 2) den Methodenbaukasten der Mediation für die heutige politische Praxis kontinuierlich weiterzuentwickeln und 3) Optionen zur Verbesserung konkreter Verfahrensansätze in Konfliktszenarien einzubringen. Der Hub bot kontinuierliche methodische und konzeptionelle Unterstützung sowie Inhouse-Training und Coaching für diplomatisches Personal.

Der Mediation Hub war eng verzahnt mit dem SSR Hub des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik Hamburg und dem RSF Hub der Freien Universität Berlin sowie der Initiative Mediation Support Deutschland (IMSD).

Beispielhafte Aktivitäten des Mediation Hubs:

Im Jahr 2008 führte das CPM in Zusammenarbeit mit dem Center for Security Studies (CSS) der ETH Zürich und swisspeace das Forschungsprojekt „Evaluating Peace Mediation“ durch. Die daraus resultierende Studie identifizierte Faktoren, die bei der Evaluation von Friedensmediation im internationalen Kontext berücksichtigt werden müssen. Untersucht wurde eine Vielzahl von Parametern, die für eine systemische Herangehensweise und Evaluation von Friedensmediation relevant sind, wie z.B. Akteure, Mandate, Symmetrie der Parteien, Prozessorganisation und die Festlegung von angemessenen Zeiträumen. Mit dem Ziel, zu einer höheren Qualität der Mediation und mehr Transparenz beizutragen, lieferte die Studie einen allgemeinen Rahmen für die Evaluierung von Friedensmediation.

Seit 2008 unterstützt das CPM auch das Auswärtige Amt im Bereich der Konfliktmediation und Krisendiplomatie. Einerseits unterstützten die Wissenschaftler*innen des Hubs das Auswärtige Amt bei internen Dialog- und Strategieprozessen. Andererseits beriet und unterstützte der Hub das Auswärtige Amt sowie prozessdurchführende deutsche Diplomat*innen und zivilgesellschaftliche Akteure in methodisch anspruchsvollen Mediationsprozessen.

Der von Russland geführte Krieg in der Ukraine 2022 hat die öffentlichen Debatten schnell zwischen den scheinbar gegensätzlichen Zielen von Abschreckung und Dialog polarisiert. Diese Diskussionen waren von zahlreichen Annahmen geprägt, die den politischen Handlungsspielraum letztlich auf die sicherheitspolitische Dimension reduzierten. Und obwohl die implizite Priorisierung von militärisch-sicherheitspolitischen Maßnahmen gegenüber zivil-friedenspolitischen Maßnahmen den Grundüberzeugungen vieler widersprach, galt sie als alternativlos.

Vor diesem Hintergrund luden die Berghof Foundation und das CPM unter Beteiligung des IFSH Hamburg im Mai 2022 außen- und sicherheitspolitische Expert*innen der Regierungsfraktionen zu einem Expert*innenaustausch ein. Dabei ging es sowohl um den konkreten Umgang mit dem Krieg in der Ukraine als auch um die generelle Ausrichtung der nationalen Sicherheitsstrategie. Die Ergebnisse des Austausches wurden in einem kurzen Non-Paper zusammengefasst, das in parlamentarische Netzwerke eingespeist wurde.

Im Jahr 2022 führte der Mediation Hub mit Exper*innen aus dem Auswärtigen Amt (AA) und dem Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) eine Reihe von Gesprächen und Interviews zum Engagement der Bundesregierung in Afghanistan durch.

Das gemeinsame Interesse richtete sich auf die Gründe der nicht bewältigten Komplexität, die mangelnde Steuerbarkeit und das abrupte Ende wesentlicher Teile des Engagements. Ziel war es 1) Erkenntnisse für das künftige Engagement der Bundesregierung in fragilen Kontexten herauszufiltern, 2) Ideen für die strategische Weiterentwicklung des operativen Zusammenspiels von Ministerien zu entwickeln und 3) diese auf Relevanz für den Prozess der Nationalen Sicherheitsstrategie zu prüfen.

Seit 2021 beteiligt sich das CPM jedes Jahr an dem dreitägigen Seminar „Interministerial Action in Fragile Contexts“, das in Zusammenarbeit mit dem RSF Hub und dem SSR Hub organisiert wird. Der Workshop zu sicherheitspolitischen Fragen und interministerieller Zusammenarbeit bringt Mitarbeiter*innen des Auswärtigen Amtes, des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, der Führungsakademie der Bundeswehr, des Bundesministeriums der Verteidigung und des Bundesministeriums des Innern zusammen.

Deutschlands Engagement in fragilen Kontexten geht über Ressortgrenzen hinweg. Kolleg*innen aus verschiedenen Ministerien, der Bundeswehr, der Polizei und nachgeordneten Bereichen sowie Durchführungsorganisationen arbeiten oft an unterschiedlichen Enden desselben Problems. Das Pilotprojekt „Interministerielle Peer Groups“ bot einen Raum, um eigene Erfahrungen an diesen unterschiedlichen Enden informell auszutauschen und gemeinsam exemplarische Lösungen für spezifische individuelle Herausforderungen zu entwickeln.

Die Peer-Groups fanden regelmäßig mit jeweils eigenen Schwerpunkten statt und wurden von geschulten und mit dem jeweiligen Themenfeld vertrauten Moderator*innen unterstützt und begleitet. Im Mittelpunkt der Treffen standen die individuellen Anliegen der Teilnehmer*innen, die die Kernfragen der interministeriellen und in einigen Fällen auch der interdepartementalen Zusammenarbeit widerspiegeln: Welches sind die unterschiedlichen Prioritäten der beteiligten Ressorts? Mit welchen Dilemmata haben wir zu kämpfen? Wie können die Akteure besser zusammenarbeiten?

Der Mediation Hub entwickelte und koordinierte das Pilotprojekt in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt sowie dem RSF Hub und dem SSR Hub. Anne Holper und Anna Dick moderierten die Peer-Group „Contributions to Conflict Resolution“ mit dem Fokus auf formale Track I / II Mediation, Entwicklungszusammenarbeit und Friedensoperationen.

Gemeinsam mit der Berghof Foundation lud das CPM im August 2021 Expert*innen im Bereich der Krisen- und Friedensmediation aus dem Auswärtigen Amt, der EU, den Vereinten Nationen, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft zu einem vertraulichen Runden Tisch nach Berlin ein. Der Austausch fand vor dem Hintergrund des militärischen und sicherheitspolitischen Versagens in Afghanistan statt, ging aber thematisch weit darüber hinaus.

Ziel war es, einen Austausch anzuregen und innovative Vorschläge für eine klarer definierte, stärkere Vermittlungsrolle Deutschlands in der internationalen Friedensmediation zu entwickeln und in die Sondierungsgespräche der nächsten Bundesregierung einfließen zu lassen. Die Berghof Foundation hat einen Einblick in die Ergebnisse veröffentlicht. 

 

Zum Viadrina Logbucheintrag

In dem Sammelband „Friedensmediation in der deutschen Außenpolitik“ hat der Mediation Hub die Ergebnisse und Erkenntnisse aus den letzten fünf Jahren der Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt zusammengestellt.

Der Band widmet sich dem Feld der Friedensmediation, das sich in den letzten Jahrzehnten sowohl international als auch in Deutschland rasant entwickelt und professionalisiert hat. Indem er die Geschichte und den Status quo des Feldes sowie die Perspektiven für seine zukünftige Entwicklung zusammenführt, zeichnet sich der Band durch drei Besonderheiten aus: Er verbindet eine kritisch-theoretische mit einer praktischen Einschätzung der jüngsten und aktuellen politischen Entwicklungen. Er bietet eine Auswahl der „Fact Sheets on Peace Mediation“, die vom Auswärtigen Amt in Zusammenarbeit mit der Initiative Mediation Support Deutschland (IMSD) erarbeitet wurden. Außerdem gibt er konkrete Anregungen, wie das friedenspolitische Profil und die Methodik der Friedensmediation in Deutschland weiter geschärft und in eine effektive und verantwortungsvolle politische Praxis umgesetzt werden können.

Mit Beiträgen von Marike Blunck, Sebastian Dworack, Anne Holper, Lars Kirchhoff, David Lanz, Christoph Lüttmann, Simon J.A. Mason, Dirk Splinter, Luxshi Vimalarajah, Julia von Dobeneck, Brigitta von Messling, Carsten Wieland, Almut Wieland-Karimi und Felix Würkert.

Zur Publikation

Im Jahr 2019 hat der Mediation Hub das Auswärtige Amt bei der Entwicklung von dem „Konzept Friedensmediation“, unterstützt. Das Rahmenkonzept konkretisiert den deutschen Ansatz der Friedensmediation und bettet ihn in die Stabilisierungsansätze des Auswärtigen Amtes ein.

Diese Rahmenbedingungen stellen eine der ersten Selbstverpflichtungen staatlicher Drittakteure dar, die die Rolle und das Management eigener politischer Interessen in der Mediation transparent machten: „Wir engagieren uns als Vermittler oder Unterstützer von Mediationsprozessen nicht aus rein altruistischen Motiven, sondern handeln auf der Grundlage unserer eigenen Interessen und Werte, die wir den Konfliktparteien und der internationalen Gemeinschaft offen und transparent vermitteln. Wir sind dem Prinzip der Allparteilichkeit verpflichtet. Wir prüfen sorgfältig, ob unsere eigenen Interessen am Verlauf und Ergebnis eines Prozesses oder unsere Verpflichtungen, die sich aus politischen Bündnissen und multilateralen Verträgen ergeben, den Interessen der Konfliktparteien zuwiderlaufen. Ist dies der Fall, wählen wir eine andere Rolle in dem betreffenden Friedensprozess, z.B. die Unterstützung nur einer Konfliktpartei oder die Konzentration auf sicherheitsrelevante Bemühungen oder militärisches Engagement.“ (Konzept Friedensmediation, S. 1)

Dr. Anne Holper | Prof. Dr. Lars Kirchhoff